Kritische Öffnungsschritte, Transformationen, ein Kleiderschrank

Bald schon beginnen die ersten Öffnungsschritte und vorsichtig, ja noch sehr vorsichtig fragt sich die Resthoffnung in uns, ob es vielleicht einen halbwegs normalen Sommer geben wird.  Einen Sommer, in dem wir die Überreste dessen, was wir als „Normalität“ erachten, ungezügelt leben können. Über ein Jahr ist es her, dass wir uns in den ersten Lockdown verabschieden mussten und seither gab es wenn überhaupt nur kurze Phasen, in denen das Leben vermeintlich „normal“ funktionierte. Vor etwa einem Jahr noch standen wir ein wenig unter Schock, so einen einschneidenden Eingriff in unser Leben kannten wir bislang nicht. Kein Konsum, keine Unterhaltung, keine Menschen, kein Nichts außer uns selbst in unseren eigenen vier Wänden – ein bisschen fühlte es sich an, als wären wir alle kollektiv aus dem gleichen Rausch aufgewacht, mit dröhnendem Schädel und irgendwie, irgendwie wussten wir auch gar nicht mehr so genau, wie wir hierher gekommen sind.

Von offenen Türen und vergebener Liebesmüh

Irgendwie tendieren wir dazu, die Räume, in denen wir uns bewegen, beim Hinausgehen schon in Nostalgie zu wandeln, und in den Menschen, die wir in dieser Nostalgie fanden, nur noch das Gute zu sehen.
Das Leben ist schließlich schon schwer genug, wie erleichternd und wohltuend ist es da erst, wenn jemand dir noch im Auseinandergehen nachruft: „Meine Tür bleibt immer offen für dich.“ Inmitten der Verletzung macht sich Erleichterung breit, dass nicht alles verloren sein muss. Und vielleicht, ja vielleicht auch ein wenig die Hoffnung, dass wieder da sein könnte eines Tages, was ohnehin nie war.

10.000 Schritte – Der Ausgangspunkt

Im Nachhinein betrachtet ist es nicht einfach, alles auf den einen Punkt zusammenzuführen, den einen bedeutenden Vorfall oder die eine schwere Krise. Hinter mir lagen ein paar Jahre, in denen das eine auf das andere gefolgt war – vieles ist zerbrochen. Mit Leibeskräften habe ich versucht, loszulassen, was nicht zu retten war, und zusammenzuhalten, was ich (noch) nicht loslassen konnte.

Wie ich mir selbst ein Leben lang die falsche Geschichte erzählt habe

Der Pub im Herzen von Dublin ist voll mit Menschen, überall wird getrunken, getanzt, gesungen und gelacht. Meine Freundin und ich sind so ziemlich die einzigen, die am Rand sitzen und uns das Spektakel einfach in aller Ruhe anschauen. Direkt vor uns bemerke ich ein Pärchen, von dem ich meine Augen nicht mehr lassen kann. Sie stehen einander gegenüber, halten sich an den Händen und versuchen sich in irischen Tänzen, wobei der Typ einfach dauernd über seine eigenen Füße stolpert. Es fesselt mich förmlich, ihnen zuzusehen, wie spielerisch sie miteinander Spaß haben, während es zwischen ihnen so laut knistert, dass jede auch noch so verletzte Seele sofort aufspringen und sich frisch verlieben möchte.

Ich bin nicht meine Witze, ich bin nicht dein persönlicher Witz

Würde ich das Profil für eine Partnervermittlung ausfüllen, dann würde ich irgendwo klar schreiben, dass ich Humor habe. Humor ist nun nicht unbedingt das Aushängeschild für die Traumfrau, es sei denn natürlich, es handelt sich dabei um die Art von Humor, die sie bei den unglaublich schlechten und flachen Witzen ihrer männlichen Gegenüber lachen lässt.

Minimalismus ist mehr als nur Ausmisten

Ich gehöre zu jenen Menschen, die sich in einer minimalistischen Umgebung so richtig wohlfühlen. Zu viel Krempel macht mich nervös und so veranstalte ich regelmäßige Ausmistaktionen, um mir selbst nicht nur ein gutes Gefühl zu geben, sondern auch die Illusion aufrechtzuerhalten, ich hätte mein Leben im Griff.

Wer ohne Neid ist, der werfe den ersten Stein

Da ist sie, diese eine Facebookfreundin, die sich jetzt als Fotografin selbstständig gemacht hat. Oder der Arbeitskollege, der sich eine Auszeit nimmt , um die Welt zu bereisen. Oder dieser eine Bekannte von Bekannten, der sein eigenes Start-up gegründet hat. Und mittendrin stehst du und denkst: „Echt jetzt? DIE als Fotografin, na ich weiß nicht, heutzutage kann sich ja jeder alles schimpfen“, oder „mir wär das viel zu anstrengend da mit dem Rucksack durch Indien zu tuckern, das hat außerdem eh schon jeder gesehen“, oder „bäääääh, schon wieder so ein Start-up, geh, muss das sein, der will sich doch nur selbst inszenieren.“

Nie mehr zu scheitern ist auch keine Lösung

Das neue Schuljahr ist noch jung, ganz im Gegensatz zu mir, wie ich neulich feststellen musste. Beim Durchlesen eines neuen Dienstvertrages habe ich neulich ziemlich gestutzt. Fast 10 volle Jahre Vordienstzeiten wurden mir da angerechnet. Mein erster Gedanke: Das muss ein Fehler sein. Das wird ich denen wohl melden müssen. Aber als ich begonnen habe, nachzurechnen, wurde mir klar: Das ist kein Fehler. Damals, mit 23, habe ich angefangen.